Berechnung des Energieertrags einer geplanten Photovoltaikanlage via Simulation von realistischen Schattenwürfen in einem 3D-Modell

Motivation und Einleitung

Seit einiger Zeit denke ich über eine Photovoltaikanlage auf unserem Garagendach nach. Es handelt sich um drei nebeneinanderliegende Garagen mit einem Flachdach. Die Garagen sind von Natur aus niedrig und daher ist eine Schattenanalyse sinnvoll.

In diesem Blog beschreibe ich das Vorgehen einer vollständigen Schattenanalyse.

Im Wesentlichen sind folgende Schritte notwendig:

  1. Entwurf des 3D-Modells
  2. Simulation des Sonnenstandes über ein Jahr
  3. Berechnung des Schattens auf der geplanten Fläche pro Zeitpunkt (Zeitspanne)
  4. Beschaffung Daten der Sonneneinstrahlung, historisch und theoretisch
  5. Berechnung der Sonneneinstrahlung mit Berücksichtigung des Schattenwurfs
Anschließend diskutiere ich die Ergebnisse anhand verschiedener Szenarien.

Entwurf des 3D-Modells

Ich wähle für mein einfaches 3D-Modell das Tool SketchUp. Damit kann man sehr schnell 3D- Prototypen erstellen. Für eine Schattenwurfsanalyse reicht eine prototypische Darstellung von Gebäuden und Bäumen und sonstigen potentiellen größeren Dingen aus. 

Es erweist sich von großem Vorteil einen Lageplan zu importieren. Dadurch kann man die Gebäude anhand der Umrisse sehr schnell aufziehen. Weiterhin hat man dadurch die Ausrichtung ebenso schon gelöst.

Anbei ein Screenshot der Situation. Die Garagen sind mittig im Bild leicht zu erkennen.


Das 3D-Modell


Mithilfe der in SketchUp eingebauten Sonnenstandsimulation kann man nun Schatten werfen. Hierbei ist natürlich im 3D-Model der genaue Standort hinterlegt worden. Die Software SketchUp kann nun den Winkel der Sonneneinstrahlung anhand vorgegebenem Datum und Uhrzeit berechnen und ist in der Lage die Schatten der Objekte auf die Oberflächen zu projizieren.



Leider kann die Software die Stärke der Sonneneinstrahlung auf eine bestimmte Fläche nicht berechnen bzw. exportieren. Die Stärke der Sonnenstrahlung hängt von vielen Faktoren ab. 

- den Einfallswinkel auf die Fläche (Sonnenstand und Ausrichtung der Fläche)
- die Länge der Strahlen durch die Atmosphäre
- die Verschmutzung der Atmosphäre
- das aktuelle Wetter (im wesentlichen Wolken)


Mit SketchUp kann man also nur eine digitale Information erhalten: Schatten oder nicht Schatten. Aber man bekommt diese Information für jeden Punkt auf der Fläche. Daher müssen die Bilder der zu berechneten Fläche export werden und es muss mit weiteren Tools die gewünschte Informationen des Schattenanteils aus den exportieren Bildern berechnet werden.

Simulation des Sonnenstandes und Export der Bilder

Wie oben beschrieben kann SketchUp die Sonnenstände an einem bestimmten Ort für ein bestimmtes Datum und Zeit berechnen und dadurch den Schatten am Modell simulieren. Leider muss man dazu die Screenshots der Schattenwurf-Situationen auf dem Garagendach einzeln für eine weitere Auswertung exportieren.

Es handelt sich um viele Bilder. Deswegen wird ein Tool benötigt. Eine Recherche hat gezeigt, dass dafür das Sketchup-Plugin "ShadeDat (beta)" geeignet erscheint. Es erlaubt einzelne Bilder für jeden Monat und für jede Stunde eines Tages zu exportieren. Das Tool kann ein kombiniertes Bild  - aus allen Einzelbildern berechnet - exportieren; da mich aber die echte, aus historischen Daten gewonnene und gewichtete Sonneneinstrahlung in Watt-Stunden pro m2 interessiert, kann ich das kombinierte Bild nicht verwenden. Anbei dennoch ein Screenshot, da es einen ersten Eindruck der Schattenwürfe über das Jahr verteilt liefert. 


Die dunklen Stellen sind verschattete Bereiche. Je heller die Fläche, desto länger ist die also Sonnenscheindauer. Wie oben erwähnt, ist das jedoch äußerst ungenau, da 


  1. die Sonneneinstrahlung über den Tag und das Jahr nicht konstant ist und 
  2. diese Simulation keine Wolken oder echte Sonnenscheindauer aus historischen Daten simulieren kann.

Berechnung des Anteils des Schattens aus den Bildern

Das Tool ShadeDat exportiert nun ca. 145 Bilder. Es exportiert für jeden 22. eines Monat und jede Stunde ein Bild. Allerdings keines mehr nach Sonnenuntergang. Deswegen sind es keine 24*12 = 288, sondern nur 145 Bilder. Das Tool benennt die Bilder mit Datum und Uhrzeit. Zu beachten ist, dass man besser UTC als Zeitzone einstellt, damit man die Uhrzeit besser mit den Daten der realistischen Sonneneinstrahlung matchen kann.


Mit einem Cropping-Tool kann man die Bilder so zurecht schneiden, dass man genau die Fläche erhält, an der später die Solarmodule platziert werden. Die Planung der Platzierung der Solarmodule habe ich mit dem Online-Tool Base von K2 erstellt:

Die Platzierung der Solarmodule


Ein solches Bild sieht nach dem Crop so aus:

PNG mit Schattenwurf vom Nachbargebäude (oben) und von einem Baum (rechts unten)

Um den Anteil des Schattens nun zu berechnen, muss schnell ein Python-Programm geschrieben werden. Das Programm liest via der Bibliothek matplotlib das Bild in ein Array von Pixel und berechnet anschließend den Anteil der hellen Pixel an allen Pixel. Das ergibt dann eine Zahl zwischen 0 und 1, die den Anteil des nicht verschatteten Bereichs darstellt. Das Python-Programm gibt anschließend eine Tabelle mit dem Datum und der Uhrzeit und dem Anteil des Schattens heraus. Ein Auszug dieser Tabelle:


dateshadow
22-01-2010 08.00 0.326106
22-01-2010 09.00 0.282498
22-01-2010 10.00 0.196935
22-01-2010 11.00 0.120078
22-01-2010 12.00 0.066782
22-01-2010 13.00 0.053247
22-01-2010 14.00 0.050099
22-01-2010 15.00 0.048238

Damit haben wir den Anteil des Schattens, um jedoch den Ertrag zu berechnen benötige ich die erhaltene Sonnenenergie pro Zeitspanne in diesem Ort.

Datenquelle zur Sonneneinstrahlung

Die Daten zur Sonneneinstrahlung kann ich von der Webseite soda-pro.com bekommen. Die Webseite wird betrieben von dem Spin-Off eines europäischen Projekts, dass aus Satellitendaten Sonnenenergieeinstrahlung an jedem Ort berechnen kann. Man bekommt zudem historische Daten (kostenlos für das Jahr 2006), aber auch wertvolle theoretische Daten für jede Stunde eines kompletten Jahres. Die Daten enthalten die Sonneneinstrahlung falls der Himmel wolkenlos wäre. Bei der Abfrage der Daten kann man den Winkel und die Ausrichtung der Solarpanels angeben. Die Energiedaten kommen in der Einheit Kilowattstunden pro m2 (kWh/m2). Es sind 8760 Datensätze (jede Stunde pro Tag = 24*365). Zur Veranschaulichung hier aggregiert auf einen Tag:

Sonneneinstrahlung mit und ohne Wolken 2006 (Die echten Daten mit Wolken sind bezogen auf eine 10° nach Süden geneigte Fläche). Quelle: soda-pro.com 

Mithilfe von Excel können nun allerlei Aggregierungen und Auswertungen durchgeführt werden.

Hier nun eine Ansicht der erwarteten Solarenergie ohne Verschattung aggregiert auf Monate auf eine Fläche von 27,2 m2 und einem angenommenen Wirkungsgrad der Solarmodule und Wechselrichter von insgesamt 17%:


Monatlich aggregiert, mit und ohne Wolken
Oder aggregiert auf die Tagesstunde:

Stündlich und monatlich aggregiert

Das gesamte Jahr 2006 liefert an Sonnenenergie:

Ohne Wolken: 8122 kWh
Mit Woken: 5647 kWh



Berechnung der Sonneneinstrahlung mit Berücksichtigung des Schattenwurfs

Mit den Daten der Sonneneinstrahlung und dem berechneten Anteil des Schattens ist es nun sehr einfach die Sonneneinstrahlung zu berechnen. Es wird lediglich für jeden Datensatz (jede Stunde des Jahres) der Anteil der nicht verschattete Fläche mit den Werten der Sonneneinstrahlung multipliziert.



Diskussion der Ergebnisse 

nun es ist es möglich durch die Simulation aggregierte Werte zu bekommen. Weiterhin können wir verschiedene Szenarien durchspielen, eine sehr theoretische was-wäre-wenn Fälle, wie wenn das eine oder andere Schatten produzierende Objekt im Geiste entfernt würde.

Sonneneinstrahlungswerte mit oder ohne Wolken

Zunächst stellt sich die Frage, ob man mit echten Daten rechnen sollte oder ob man die theoretischen Daten nehmen kann und anschließend einen "Wolkenfaktor" auf die aggregierten Energiemengen mit und ohne Schattenberechnung applizieren kann. Das Ergebnis: Man kann. Die Summenwerte unterscheiden sich kaum, ob man mit wolkenlosen Daten arbeitet und am Ende einen globalen Wolkenfaktor aufschlägt, oder ob man mit den stündlichen echten Daten arbeitet.



wolkenlosmit echten Daten
wolkenlos, aber bereinigt
mit Verschattung5739,79
3974,593990,52

ohne Verschattung8122,415647,005647,00
Es empfiehlt sich also mit schönen, wolkenlosen Daten zu arbeiten zum am Ende den Wolkenfaktor von 8122,41 / 5647 = 0,695 aufzuschlagen.

Verschattung

Zunächst einmal die erwartete Energiemenge pro Jahr inklusive der Verschattung. Aggregiert auf Monat und Stunde in einem 3D-Diagramm:

Erwartete Energiemenge pro Jahr in kWh
Und hier die Differenz zu dem unverschatteten Modell:

Differenz verschattet vs unverschattet: Energieverlust durch Verschattung


Die Ansichten im Vergleich mit und ohne Verschattung stündlich aggregiert:


Stündlich aggregiert. Die helle Kurve zeigt die Energiemenge mit Verschattungen eingerechnet. Rosa der Verlust durch die Bäume und Blau der Verlust durch das Nachbargebäude

Man sieht sehr schön, dass es zwei Effekte gibt: Morgens verschatten die Bäume und Abends verschattet das westlich gelegene Nachbarhaus.

Wie oben schon dargestellt verlieren wir durch die Verschattung:

3990 kWh/a zu 5647 kWh/a = 1656 kWh/a

Durch Aggregation vor 14 Uhr und nach 14 Uhr können wir die Verschattung der Bäume und des Gebäudes separat berechnen:


  • jährliche Verlust durch Bäume: 1262 kWh/a
  • jährlich Verlust durch das Gebäude: 394 kWh/a

Simulation weitere Szenarien

Mit Sketchup ließe sich nun simulieren, was wäre, wenn einer der Bäume nie gepflanzt würde? Wir exportieren also die Daten nochmals, jedoch nur noch mit dem rechten Baum. Siehe erste Abbildung des 3D-Modells. Damit ergibt sich folgendes stündliche aggregierte Diagramm:

Vergleich Energiegewinn mit einem oder zwei Bäumen

Das Ergebnis auf das ganze Jahr hochgerechnet ist folgendes:

Energieertrag praktisch, also wie oben berechnet: 3990 kWh/a

Energieertrag theoretisch:

  • ohne Schattenberechnung: 5647 kWh/a
  • ohne Bäume: 5252 kWh/a (1262 kWh/a mehr)
  • mit nur einem Baum: 4981 kWh/a (991 kWh/a mehr)








Kommentare

  1. Hi,

    bitte unbedingt den Nachfolgepost lesen:
    https://photovoltaik-power.blogspot.com/2020/05/verbesserungen-durch-adaption-der.html

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